Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Unterbringung (BGH XII ZB 257/22) |
Für eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. ist eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten notwendig. Dabei wird kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten vorausgesetzt, auch eine Verwahrlosung kann ausreichen, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist. Erforderlich sind jedoch objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens. Dass die Chronifizierung der Erkrankung ohne ärztliche Behandlung fortschreiten könnte, besage, so der BGH, für sich genommen noch nichts über eine bestehende Gesundheitsgefährdung, welcher nur mit einer Unterbringung begegnet werden könnte. |
Zunahme an Untergebrachten mit BtMG-Delikten
Neben dem Anstieg der Gesamtbelegungszahlen in forensischen Kliniken ist auch eine Zunahme an Untergebrachten mit einem BtMG-Delikt in den Entziehungsanstalten zu beobachten. Es wird vermutet, dass aktuelle strukturelle Schwierigkeiten vieler Kliniken die Behandlung strukturschwacher und schwer suchtkranker Patienten weiter verschlechtern könnten (R&P, S. 135). Darüber hinaus sei mit einem deutlichen Anstieg der Unterbringungszahlen im Bereich des Maßregelvollzugs nach § 63 StGB für allgemeinpsychiatrische Patienten mit Schuldunfähigkeit und eher mittelschweren Delikten vermutet und damit eine neue Welle der "Forensifizierung" postuliert (R&P, S. 150 ff.).
Quelle: Recht und Psychiatrie, 41/2023 (zitiert als R&P)
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 130/2023 vom 28.07.2023
Unterbringung einer Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach einem Giftanschlag auf die Technische Universität Darmstadt rechtskräftig
Read more: BGH zur Unterbringung einer Beschuldigten nach Anschlag mit Gift
FamFG §§ 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 319 Abs. 1
Wird in einem Unterbringungsverfahren die nach § 319 Abs. 1 Satz 1 FamFG zwingend erforderliche persönliche Anhörung des Betroffenen vom Amtsgericht erst im Abhilfeverfahren nachgeholt, kann das Beschwerdegericht nicht von der auch im zweitinstanzlichen Verfahren grundsätzlich gebotenen persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22. September 2021 - XII ZB 93/21 - FamRZ 2022, 135).
FamFG § 68 Abs. 3, § 321 Abs. 1 Satz 1
In einem Unterbringungsverfahren darf das Beschwerdegericht nicht von einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme absehen, wenn diese im ersten Rechtszug unter Verletzung zwingender Verfahrensvorschriften durchgeführt worden ist.
BGH, Beschluss vom 23. März 2022 - XII ZB 24/22