§ 1617c Abs 1 S 3 BGB, § 1618 S 4 BGB, § 1618 S 5 BGB, § 1618 S 6 BGB, § 160 Abs 1 S 1 FamFG


Zu den Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die vom sorgeberechtigten Elternteil beabsichtigte Einbenennung des Kindes nach § 1618 S. 4 BGB.

In diesem Ersetzungsverfahren hat das Gericht vor der Entscheidung gemäß § 160 Abs. 1 S. 1 FamFG grundsätzlich auch den nicht sorgeberechtigten Elternteil persönlich anzuhören.

Wegen §§ 1618 S. 5 und 6, 1617c Abs. 1 S. 3 BGB sind die vorzulegenden Einwilligungserklärungen der Mutter, des Ehemannes sowie des Kindes gegenüber dem Standesbeamten abzugeben und zudem öffentlich zu beglaubigen. Solange dies nicht erfolgt ist, kommt eine Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils nach § 1618 S. 4 BGB bereits formal nicht in Betracht.

Gemäß § 1618 S. 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die vom anderen, sorgeberechtigten Elternteil nach § 1618 S. 1 und 2 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen.

Insoweit stellt die Neufassung des § 1618 BGB durch Art. 1 Nr. 7 KindRG, mit der die zunächst vorgesehene Formulierung „dem Kindeswohl dienlich" durch „für das Kindeswohl erforderlich" ersetzt worden ist, eine Verschärfung der Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils dar, die dem ausdrücklichen Zweck dient, die Bindung des Kindes an diesen Elternteil zu unterstreichen.

Mit Blick darauf kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Demnach kann die Einwilligung des anderen Elternteils erst dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden, und die Einbenennung daher unerlässlich ist, um Schäden von dem Kind abzuwenden.

Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde.

Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der – grundsätzlich gleichrangigen – Kindes- und Elterninteressen voraus. So ist zwar einerseits die Integration in die Stieffamilie ein wichtiger Kindesbelang, als solcher ist aber andererseits auch die Kontinuität der Namensführung anzusehen, deren Bedeutung weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen familiären Situation beurteilt werden kann. Zugleich ist die Beibehaltung des mit dem anderen Elternteil gemeinsamen Namens ein äußeres Zeichen der für das Wohl des Kindes gleichfalls wichtigen Aufrechterhaltung seiner Beziehung zu diesem Elternteil.

Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn der Kontakt zu diesem Elternteil bereits eingeschränkt oder gar gefährdet ist und durch die Einbenennung als einer nach außen sichtbaren endgültigen Ablösung von ihm verfestigt würde. Nachteile, die typischerweise für Kinder, die in einer neuen Familie leben, mit der bestehenden Namensverschiedenheit verbunden sind und die über das in diesen Fällen übliche und stets hinzunehmende Maß nicht hinausgehen, können ohnehin nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein.

Zudem hängt die Einbettung eines Kindes in eine neue Familie weniger von dem vom Kind geführten Namen als vom Funktionieren des innerfamiliären Beziehungsgeflechtes ab. Wirken der sorgeberechtigte Elternteil und der neue Ehegatte gemeinsam darauf hin, dass jedem Familienmitglied die erforderliche Beachtung geschenkt wird, kann der geführte Nachname für das Liebesbedürfnis und die Entwicklung von Kindern keine Rolle spielen, insbesondere nicht dazu führen, dass sich das Kind im neuen Familienverband ausgeschlossen fühlt. Ein eventuell entstehendes Konfliktpotential aufgrund der unterschiedlichen Namensführung ist daher innerhalb des neuen Familienverbandes zu lösen und stellt regelmäßig keinen Grund dar, die namensrechtliche Bindung des Kindes an den nicht sorgeberechtigten Elternteil abzubrechen. Ebenso wenig genügt es für sich genommen, wenn das Kind den dringenden Wunsch nach einer Namensänderung hat, zumal es dem sorgeberechtigten Elternteil obliegt, dem Kind die Gründe für die Namensverschiedenheit und die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zu erklären und nahe zu bringen und durch geeignete erzieherische Maßnahmen die Bindungen auch zu diesem zu fördern.

Besteht zu ihm seit Längerem kein Kontakt mehr, so ist auch zu prüfen, ob der sorgeberechtigte Elternteil seiner eigenen, § 1684 Abs. 2 BGB entspringenden Obliegenheit, den Kontakt zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten anderen Elternteil zu fördern, ausreichend nachgekommen ist (vgl. zum Ganzen BGH FamRZ 2005, 889; 2002, 94; Senatsbeschlüsse vom 24. September 2013 – 6 UF 163/13 –, vom 22. Juni 2009 – 6 UF 14/09 – und vom 25. November 2002 – 6 UF 79/02 –; Beschlüsse des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 2. September 2013 – 9 WF 61/13 –, FamRZ 2014, 488, vom 20. September 2012 – 9 WF 52/12 – und vom 1. Juli 2002 – 9 UF 81/02 –, OLGR Saarbrücken 2002, 367).

Quelle: OLG Saarbrücken, 05.05.2022, 6 WF 54/22